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1. Vintage Computer Festival Europa 2000
von Gaby Chaudry
Für alle "Daheimgebliebenen" möchte ich hier eine kurze Zusammenfassung
der Ereignisse und meiner Eindrücke geben - rein subjektiv versteht sich....
Schon bei der Vorbesprechung am Donnerstag abend kündigten sich große Ereignisse
an - und dies ist wörtlich zu verstehen: Mehrere Leute mußten mit anfassen, um eine
VAX aus einem Lieferwagen heraus und über einen Treppenabsatz hinein in die Ausstellungsräume
zu hieven.
Als wir dann am Samstagmorgen unseren Stand aufbauten, hatte auch schon der MUNIAC (dazu
später mehr) seinen Platz in der Halle eingenommen, gleich neben der VAX und diversen MiniVaxen.
Die anderen Ausstellungen wirkten dagegen eher unscheinbar, aber nach genauerem Hinschauen
entdeckte man bald das eine oder andere Kleinod.
Gleich am Eingang war ein Z1013 in einem Robotron-Gehäuse (also ein Rechner made in GDR) mit allen Schikanen zu bewundern.
Nicht nur, daß der Rechner offen dargeboten wurde, nein, es wurde sogar heftigst daran und
darin gearbeitet, z.B. Eproms gebrannt oder Bauteile getestet - der "Ausschuß"
landete in einer Wühlkiste, die fast genausoviel Aufmerksamkeit auf sich zog wie die eigentliche
Ausstellung... Daneben lagen einige hochinteressante DDR-Computerzeitschriften zur Ansicht aus,
die sich so mancher gerne mit nach Hause genommen hätte.
Weil leider nicht alle Aussteller angereist waren, hatten wir, d.h. der
CP/M Userclub eine ganze Tischreihe zu füllen.
Ich hatte auf Wunsch vom Veranstalter Hans Franke meinen
ABC-24 mitgebracht,
und Helmut (Jungkunz) seine CPU280. Damit entsprachen wir auch voll und ganz dem Titel unserer
Ausstellung: CP/M gestern und heute. Wir nutzten die Gelegenheit dazu, das Diskettenformat
und die Terminalsteuerung des ABC zu entschlüsseln - damit war Helmut ganz im seinem Element.
Viele Leute, die wir bis dato nur von E-mail und Telefon kannten, konnten wir persönlich
begrüßen, und so manche Clubzeitung und/oder Z-Node51-CD wechselte den Besitzer.
Unerwarteten Zuwachs erhielten wir dann plötzlich von
Paul Lenz, der seine
"Eiermaschine" mitgebracht hatte. Dieses unglaubliche Ding (Baujahr 1982, gesteuert
von einem Sharp MZ-80K) entwickelte sich bald zu einer der Attraktionen des VCFE.
Zuerst durchleuchtete die Maschine das Ei, um zu prüfen, ob es denn gar sei, um bei einem
rohen Ei den Computer lapidar "Dieses Ei ist roh." ausgeben
zu lassen.
Hatte das Ei den Garheitstest überstanden, so wurde es im nächsten Schritt
mit Hilfe zweier Eddings rot und blau bemalt. Danach wurde es mit einem heftigen Messerschlag
geköpft, um dann schließlich an den Ausgangspunkt zurückzukehren. Aber hier
war die Prozedur noch nicht beendet: Zur Verwunderung und Begeisterung aller Zuschauer öffnete
sich vor dem Ei langsam ein Kästchen, aus dem ein Salzstreuer und ein Eierlöffel
emporstiegen. Mit einem "Guten Appetit" signalisierte der Computer schließlich,
daß das Ei zum Verzehr bereit sei.
Ebenfalls hatte Paul - auf dezidierten Wunsch des Veranstalters - sein Bigboard II mitgebracht. Dieser CP/M-Computer
"neueren" Datums bildete eine ideale Ergänzung zu Helmuts CPU280.
Am anderen Ende unserer Tischreihe hatte die Ausstellung "MacMania" Platz genommen.
Da sie dem Untertitel "verschiedene Stadien der Macintosh Entwickung" nicht ganz
gerecht wurde, spendierte ich ihr am Sonntag leihweise meinen Mac Plus.
Das Fehlen eines "echten" Highlights wie einer Lisa oder eines XL und der nicht gerade
als begeistert zu bezeichnende Einsatz des Ausstellers ließ die Ausstellung aber eher
als blaß erscheinen und zog auch nicht viele Besucher an sich.
Gleich daneben hatte sich Philip Belben aus Großbritannien mit einem intelligenten
Tektronix-Graphik-Terminal, das fortwährend beeindruckende Vektorgraphiken mit rasender
Geschwindigkeit zeichnete, und einigen imposanten Rechenmaschinen niedergelassen.
Klein aber fein machte sich am Ende des Tisches die Ausstellung von Matthias Schmitt aus
dem Odenwald. Er hatte einen KIM-1 dabei sowie einen mit Lochkarten programmierbaren
Tischrechner. Außerdem zeigte er Fotos einer Ausstellung, die er im (vor?)letzten
Jahr im lokalen Heimatmuseum präsentiert hatte, mit vielen interessanten Stücken,
angefangen beim schon fast obligatorischen Abakus.
Die mittlere Tischreihe war stark Commodore-lastig: Hier hatte Hans Franke seine eigene
Ausstellung "Die PET-Evolution" plaziert. Angefangen mit einem echten
PET, gefolgt von einer CBM 2001 und weiteren CBMs wurde die Entwicklung der großen
(dies ist wörtlich, d.h. räumlich zu verstehen) Commodore-Rechner aufgezeigt.
Leider hatte Hans, da er ja in Personalunion Aussteller und Organisator war, wenig Gelegenheit,
seine eigene Ausstellung zu kommentieren. Daher wurden die Rechner leider vom Publikum
etwas vernachlässigt.
Großer Beliebtheit dagegen erfreute sich die daran angeschlossene Ausstellung mit
der sozusagen weiteren Entwicklung der Commodore-Rechner, will heißen die Homecomputer
mit dem 64er, dem V/C 20, dem C128 und dem SX-64 (um nur einige zu nennen). Da hier die
meiste Zeit gespielt wurde, blieb uns diese Ausstellung leider lärmtechnisch in
eher schlechter Erinnerung...Schade auch, daß das m.E. interessanteste Stück, der
tragbare SX-64, irgendwann seinen Dienst versagte.
Auf der Rückseite desselben Tisches bauten sich nach und nach immer mehr Heimcomputer
auf, allen voran eine eigene Atari-Austellung. Da wir aber als Aussteller im gewissen Maße
an unseren Stand gefesselt waren und keinen direkten Blickkontakt mit diesem Tisch hatten,
kann ich aber leider nichts weiter dazu sagen. Aber sicherlich wird Robert Sterff, der Sysop
der CCS-BASE (Mailbox des Computerclubs Seeshaupt, Tel. 08801-2453) in seinem eigenen Erlebnisbericht mehr
ins Detail gehen können, immerhin war er mitten im Geschehen.
An der gegenüberliegenden Wand vereinte sich unübersehbar die von den Besuchern
zu den absoluten Favoriten gekürte große Maschinerie: Einerseits war da die
VAX-Ausstellung mit der bereits erwähnten VAX-11 und einigen MiniVaxen. Besonderes Aufsehen
erregte dabei nicht nur der gigantische Aufbau sondern vor allem auch ein 14jähriger
Aussteller, der sozusagen blind mit VMS umzugehen wußte.
Andererseits hatte sich dort ein absolutes Unikat eingefunden: Der MUNIAC, ein von
einem Münchner (John Zabolitzky) anno 2000 gebauter Röhrencomputer! Fast genauso
beeindruckend wie die zwei hohen mit Röhren gefüllten 19"-Racks
war die daneben aufgebaute Data General Konsole, die, obwohl Baujahr 1988, den Flair der
60er Jahre in sich trug.
Der Flohmarkt mußte leider mangels Teilnehmer ausfallen, ebenso das als Überraschungsprojekt
geplante C64-Internetcafé (dies allerdings aufgrund technischer Schwierigkeiten).
Von der Vorträgen habe ich nur einen besucht, und zwar "Digging up the Future:
Computers and Archaeology". Christine Finn von der Universität Oxford zeigte interessante
Parallelen in der Methodik und Motivation zwischen Archäologie und Computersammeln auf. Ein
ungewöhnlicher Blickwinkel (wie auch in der Ankündigung zu lesen), aber auch ein Anreiz,
sich als Sammler wissenschaftliche Methodik anzueignen.
Der zum Abschluß des VCFE veranstaltete "Nerd-Quiz", zu dessen Teilnahme ich
von Hans zwangsverpflichtet wurde, forderte nur in begrenztem Maße zum Mitraten auf, da
die Akustik nicht besonders gut war, sodaß eigentlich nur die Kandidaten die Fragen richtig
verstehen konnten. Hier hätte eine "fernsehgerechtere" Show vermutlich mehr
Attraktion herbeiführen können.
Alles in allem hat dieses Wochenende großen Spaß gemacht, hat man ja nicht nur
viele schöne alte Maschinen zu bewundern gehabt, sondern auch so manchen Kontakt
geknüpft, und auch die Besucherzahl von über 100 (ohne Aussteller und Helfer) läßt
hoffen, daß sich das Vintage Computer Festival Europa zu einer ähnlich attraktiven
Veranstaltung entwickelt wie das amerikanische Vorbild.
Weitere Infos zum VCFE findet man unter
www.vcfe.de.
Die Seiten des amerikanischen VCF kann man unter
www.vintage.org besuchen.
Alle Fotos © Jörg Linder, www.cpmwelt.de.
-> zum Bericht von Helmut Jungkunz